“Urhahn” ist ein älterer deutscher Ausdruck für den Auerhahn. Bei dem Namen handelt es sich also um einen Übernamen, durch den dem ursprünglichen Träger Eigenschaften des Tieres zugeschrieben wurden. In unserem Fall könnte es Streitsucht oder Eitelkeit gewesen sein — das läßt sich aus heutiger Sicht nicht mehr eindeutig rekonstruieren, da sich derart negative Eigenschaften im Verlauf der Zeit in unseren Familie verloren haben 😉
Der Auerhahn war im Mittelalter in Deutschland weit verbreitet. Demnach hätte der Name überall entstehen können. Im Entstehungszeitraum gibt es wohl eine Häufung von Namensträgern im Raum Ostpreussen. Unsere Vorfahren stammen aus dem Raum Königsberg. Von dort aus kamen sie um die Jahrhundertwende 1900 nach Westdeutschland und in den Elsass. Heute scheint die grösste Häufung des Namens in Westdeutschland (Kreise Sankt Wendel, Euskirchen, Düren und Stadt Essen) zu finden sein, siehe auch hier.
Einige Urhähne haben es wohl auch über den Atlantik geschafft – schon gewusst, dass der Name Urhahn Rang 59492 der häufigsten Namen in den USA einnimmt? Meine Urgroßmutter hatte noch regen Briefkontakt mit Verwandten in Übersee. Diese hiessen aber Cockrich – offenbar wurden sie infolge der US-Einwanderungspolitik um 1900 einge -’englischt’. Mich erreichen immer wieder Anfragen von Ahnenforschern aus den USA mit Namen Urhahn oder Urhan, deren Vorfahren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgewandert sind.
Um bei meiner direkten Linie zu bleiben: mein Urgroßvater kam noch aus Ostpreussen nach Westen, im Dienst der preussischen Kavallerie. Er starb im ersten Weltkrieg an Wundstarrkrampf. Die Familie wurde aus dem Elsass umgesiedelt nach Verden/Aller. Mein Großvater Karl Urhahn wuchs in Verden auf und betrieb später eine Bäckerei in Wechold. Da sich das Geschäft nicht gut trug, ging er als Stahlkocher zu den Klöckner-Werken nach Bremen. Viele Urhahns gab es in der Bremer Gegend nie, und mit den meisten sind wir verwandt. Nach einem beruflich bedingten Umzug in den Süden sind wir die einzigen Urhahns weit und breit in Ulm.
Über den Link in der Leiste geht’s zum Stammbaum.
Das Tier
Der Auerhahn (tetrao urogallius) ist ein Hühnervogel, der in den Wäldern und Gebirgen Mitteleuropas beheimatet ist. Früher war der Auerhahn ein häufig anzutreffendes Tier, und seine Paarungsgewohnheiten waren bekannt und berüchtigt. Es kam schon mal vor, dass Passanten von liebestollen Hähnen angegriffen wurden.
Heutzutage ist der Auerhahn sehr selten geworden. Der Rückgang der Population wird auf den Rückgang von Mischwäldern und dem Fehlen des Unterholzes zurückgeführt, die der Vogel als Lebensraum bevorzugt. Heute gibt es wilde Auerhähne praktisch nur noch im Alpenraum und im Schwarzwald. Die Population bewegt sich nur noch im Rahmen von etwa 600 Tieren und ist damit gerade noch überlebensfähig. Der Auerhahn steht auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Am Feldberg gibt es hierzu ein schönes Informationszentrum und einen Kinderlehrpfad (Naturpark Südschwarzwald).
Auerhähne lieben Heidelbeeren – witzig: mein Opa mochte Heidelbeeren auch am liebsten: eben ein echter Urhahn. Ein ausgewachsener Hahn kann davon am Tag locker 2 kg verdrücken.
Mehr zum Auerhahn gibt’s hier, hier und natürlich auch hier.